Exkursion zum 15-jährigen Bestehen des Fördervereins AGWA

Exkursion nach Magdeburg

8. Oktober 2023
von Ute Frieße

SHW Rothensee

Aus Anlass des 15–jährigen Bestehens des Fördervereins AGWA wurde beschlossen, den jährlichen Ausflug mit der Besichtigung wasserwirtschaftlicher Anlagen dieses Mal zweitägig zu gestalten. Außerdem war die Anregung eines Mitglieds des Vereins gekommen, doch das Wasserstraßenkreuz Magdeburg zu besuchen.

Treffpunkt war das historische Schiffshebewerk (SHW) Rothensee am 7. Oktober 2023. Dort erwartete der Organisator des Treffens, Lothar Tölle, etwa 15 interessierte Teilnehmer/innen. Herr Tölle führte uns nach der kurzen Begrüßung in einen kleinen ehemaligen Lagerschuppen, der zum provisorischen Info-Zentrum umgestaltet worden war, und in dem die Modelle des SHW Rothensee und des Wasserstraßenkreuzes aufgebaut sind. Er erläuterte uns die einzelnen Bauphasen der an diesem Wochenende zu besichtigenden Bauwerke.

Der Weg führte uns als Erstes zum SHW Rothensee, das schon 1938 eingeweiht wurde und seitdem die erste Verbindung der Elbe und der Magdeburger Häfen zum Mittellandkanal darstellt. Leider war kein Schiff weit und breit zu sehen. Dafür fegte ein recht heftiger Wind um unsere Ohren. Der Höhenunterschied in Rothensee beträgt in Abhängigkeit von der Wasserführung der Elbe zwischen 11 und 18 m. Das Schiffshebewerk steht nach wie vor im Eigentum der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes, wird aber seit der Wiedereröffnung 2013 jedes Jahr nur noch in der Zeit von Mai bis September für die Sport- und Freizeitschifffahrt auf Grund einer entsprechenden Vereinbarung durch Personal der Stadt Magdeburg betrieben und unterhalten.

Schleuse Rothensee

Erst als wir später an der modernen Schleuse Rothensee standen, fuhr ein Fahrgastschiff dort zur Schleusung ein. Anstatt der wassersparenden Nutzung des Hebewerkes müssen alle Güterschiffe seit 2006 für Durchfahrten die Schleuse anfahren. Um den Kanal gerade bei Niedrigwasser nicht zu sehr zu belasten, sind sog. Sparbecken angeschlossen, in denen ein Teil des Wassers zwischengespeichert wird und so durch die Schleusung nicht verloren geht bzw. auch nicht wieder zurückgepumpt werden muss.

Nach dem Mittagessen im Restaurant „Zur Trogbrücke“ stand diese auf dem Besichtigungsprogramm. Die Brücke, mit 918 m Troglänge zur Zeit die längste Kanalbrücke der Welt, verbindet den Mittellandkanal über die Schleuse Hohenwarthe mit dem Elbe-Havel-Kanal, überquert dabei den Elbstrom, und wurde erst am 10. Oktober 2003, also vor 20 Jahren, eingeweiht. Deren Vorgängerbau, wegen des 2. Weltkrieges nicht fertig gebaut, wurde 1997 gesprengt, um für den neuen Bau Platz zu schaffen. Herr Tölle führte uns ca. zwei Stunden durch das Innere der Trogbrücke. Es ging treppauf, treppab, durch lange Gänge, jedoch auch auf Gitterrosten über die darunter fließende Elbe zu den in der Flussmitte stehenden Pfeilern der Trogbrücke. Dabei erklärte Herr Tölle viele Details der Bauphasen und wir konnten über sein detailreiches Wissen nur staunen.

Kanalbrücke

Danach wurde noch die schon erwähnte Doppelsparschleuse Hohenwarthe besucht. Auch hier trieb uns wieder stürmischer Wind entgegen. Nach dem Rundgang durch die Maschinenhäuser der Nordkammer und das tieferliegende Pumpwerk verabschiedeten sich die aus Berlin angereisten Teilnehmer.

Alle anderen trafen sich nach der Anmeldung im Hotel im zugehörigen Restaurant. Es wurde der zwar anstrengende jedoch äußerst interessante Besichtigungstag reflektiert, auf das 15-jährige AGWA-Jubiläum angestoßen sowie das Programm des folgenden Tages erörtert.

Pretziener Wehr

Am Sonntag, den 8.10.2023 wurde vom Hotel aus zum Pretziener Wehr gefahren. Das Wehr wurde von dem preußischen Regierungs- und Baurat und Arnstädter Ehrenbürger Hermann Wurffbain geplant und von 1871 bis 1875 erbaut. Es dient der Regulierung von Hochwasser der Elbe oberhalb Schönebeck und Magdeburg ab einem festgelegten Wasserstand. Bei Mittel- und Niedrigwasser verbleibt das Wasser in der Elbe. Das Wehr ist 163 m lang, zwischen 10 Pfeilern aus Naturstein gibt es neun Wehröffnungen (Joche), deren verankerte Losständer bis zum befestigten Boden reichen. Die Schützen oder Wehrtafeln werden im Bedarfsfall über eine Winde mittels Drahtseilen hochgezogen.

Schon kurz nach Fertigstellung des Wehres kam es im Februar 1876 zu einem verheerenden (Eis)Hochwasser, bei dem auch das Wehr erheblich beschädigt wurde. Die Reparatur dauerte 3 Jahre und das Wehr war danach wieder voll funktionsfähig und sogar besser gegen Eisdruck bei Winterhochwasser gewappnet. Das Wehr ist eine ingenieurtechnische Meisterleistung und erhielt auf der Weltausstellung 1889 in Paris eine Goldmedaille.

Wenn am Pegel Barby 5,92 m vorausgesagt werden, wird das Wehr gezogen. Dies geschah seit Inbetriebnahme 8 Mal im Sommer und 53 Mal im Winter. Nach dem Hochwasser vom August 2002 zeigten sich erhebliche Schäden am Wehr, die unbedingt vor einem erneuten Hochwasser beseitigt werden mussten. Im Jahr 2010 wurde das Wehr denkmalgerecht saniert. In dieser Zeit wurde der Bau mehrfach durch Hochwasser unterbrochen, da das Wehr seine Schutzfunktion trotzdem erfüllen musste. Am 16.10 2010 konnte es endlich wieder voll funktionsfähig übergeben und der abschließende goldene Niet gesetzt werden.

Pömmelte

Seine erste Bewährungsprobe bestand das sanierte Wehr schon kurz darauf, im Januar 2011 und dann natürlich beim Katastrophenhochwasser im Mai/Juni 2013.

Im Jahr 2015 erhielt das Bauwerk die Auszeichnung „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst“. Am 10.10.2023 wurde die Wiedereröffnung des Wehres nach 20 Jahren auch im MDR gewürdigt.

Zum Abschluss der Exkursion wurde auf der Westseite der Elbe südlich von Schönebebeck noch das in der Nähe befindliche Ringheiligtum Pömmelte aufgesucht, das die neueste Station an der touristischen Route „Himmelswege“ ist.

Insgesamt hat die Exkursion allen Beteiligten viel Spaß gemacht und ihnen viele neue Eindrücke und Erkenntnisse vermittelt.